
1934 Heimtückegesetz bis § 188 StGB
Das sogenannte „Heimtückegesetz“ (offiziell: Gesetz gegen heimtückische Angriffe auf Staat und Partei und zum Schutz der Parteiuniformen) wurde am 20. Dezember 1934 von der nationalsozialistischen Reichsregierung erlassen und trat am 29. Dezember 1934 in Kraft. Es diente als zentrales Instrument zur Unterdrückung von Kritik und zur Einschüchterung der Bevölkerung im NS-Staat.
Inhalt und Zielsetzung
Das Gesetz kriminalisierte sowohl Tatsachenbehauptungen als auch Meinungsäußerungen, die das Ansehen des NS-Regimes oder seiner Funktionäre schädigen könnten. Dabei war es unerheblich, ob die Aussagen wahr oder unwahr waren. Schon „gehässige, hetzerische oder von niedriger Gesinnung zeugende Äußerungen“ konnten mit Gefängnisstrafen von bis zu fünf Jahren geahndet werden. Die Strafverfolgung konnte sogar für Äußerungen erfolgen, die im privaten Rahmen gemacht wurden, wenn anzunehmen war, dass sie in die Öffentlichkeit gelangen könnten.
Zusätzlich stellte das Gesetz den Missbrauch von Parteiuniformen und Abzeichen unter Strafe.
Anwendung und Auswirkungen
Das Heimtückegesetz wurde häufig von Sondergerichten angewendet, die für ihre drakonischen Urteile bekannt waren. Bereits 1937 wurden über 17.000 Personen wegen „heimtückischer Äußerungen“ angezeigt, mehr als 7.000 angeklagt und rund 3.500 verurteilt. Viele weitere wurden durch Gestapo-Verhöre, Schutzhaft oder informelle Maßnahmen wie Rede- oder Aufenthaltsverbote eingeschüchtert.
Das Gesetz förderte ein Klima der Angst und des Misstrauens, in dem selbst harmlose Witze oder Kritik im Familienkreis zu Denunziationen führen konnten. Es trug maßgeblich zur Etablierung des NS-Überwachungsstaates bei.
Aufhebung und Nachwirkungen
Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wurde das Heimtückegesetz am 20. September 1945 durch das Kontrollratsgesetz Nr. 1 aufgehoben. Dennoch blieben viele Täter, insbesondere Richter und Staatsanwälte, straflos. Opfer des Gesetzes erhielten oft keine Entschädigung, da ihre Äußerungen nicht als Ausdruck einer „eindeutigen politischen Haltung“ anerkannt wurden.
Weiterführende Informationen
- Den vollständigen Gesetzestext findest du bei Wikisource.
- Eine detaillierte Analyse bietet Bernward Dörner in seinem Buch „Heimtücke“ – Das Gesetz als Waffe (1998).
- Weitere Informationen bietet der Artikel auf Wikipedia.
§ 188 StGB – Üble Nachrede und Verleumdung gegen Personen des politischen Lebens
Dieser Paragraf des Strafgesetzbuches stellt die üble Nachrede und Verleumdung gegenüber Personen des politischen Lebens unter Strafe, wenn die Tat geeignet ist, deren öffentliche Tätigkeit erheblich zu beeinträchtigen. Er wurde 2021 verschärft, um insbesondere kommunale Mandatsträger besser vor Hass und Hetze zu schützen. Kritiker sehen darin jedoch eine Sonderstellung für Politiker und befürchten eine Einschränkung der Meinungsfreiheit. Deutscher Bundestag
Geplanter § 106a StGB – Beeinflussung von Amts- und Mandatsträgern
Ein Gesetzentwurf aus Sachsen sieht die Einführung des § 106a StGB vor, der die Beeinflussung von Amts- und Mandatsträgern durch sogenanntes „politisches Stalking“ unter Strafe stellen soll. Darunter fällt beispielsweise das wiederholte Aufsuchen der privaten Wohnung eines Politikers mit dem Ziel der Einschüchterung. In schweren Fällen drohen Freiheitsstrafen von bis zu fünf Jahren. Der Entwurf wurde kontrovers diskutiert, da befürchtet wird, dass legitimer Protest kriminalisiert werden könnte. Bündnis 90/Die Grünen Bundestagsfraktion+5Legal Tribune Online+5ZDF+5Legal Tribune Online
Fazit
Es gibt keine gesetzliche Regelung, die die generelle Kritik an Politikerinnen und Politikern verbietet. Die genannten Paragrafen zielen darauf ab, gezielte Hetze, Verleumdung und Einschüchterung zu verhindern. Die Meinungsfreiheit bleibt ein hohes Gut, jedoch wird sie durch die genannten Regelungen in bestimmten Fällen eingeschränkt, um die demokratische Ordnung und die persönliche Integrität von Amtsträgern zu schützen.Deutscher Bundestag
Im Jahr 2021 wurde § 188 des Strafgesetzbuches (StGB) im Rahmen des Gesetzes zur Bekämpfung des Rechtsextremismus und der Hasskriminalität umfassend überarbeitet. Ziel war es, insbesondere kommunale Mandatsträger besser vor Hass und Hetze zu schützen. Die wichtigsten Änderungen im Überblick:
1. Erweiterung des Schutzbereichs auf kommunale Ebenen
Der besondere Schutz des § 188 StGB wurde ausdrücklich auf alle politischen Ebenen ausgeweitet, einschließlich kommunaler Mandatsträger wie Bürgermeister, Gemeinderatsmitglieder und Landräte. Zuvor war der Anwendungsbereich des Paragrafen nicht eindeutig definiert. Nun heißt es explizit: „Das politische Leben des Volkes reicht bis hin zur kommunalen Ebene.“ RSWStädtetag+3Buzer+3Wikipedia – Die freie Enzyklopädie+3
2. Einbeziehung von Beleidigungen
Vor der Reform erfasste § 188 StGB nur üble Nachrede (§ 186 StGB) und Verleumdung (§ 187 StGB). Mit der Änderung wurde auch die Beleidigung (§ 185 StGB) in den Tatbestand aufgenommen. Dies bedeutet, dass nun auch ehrverletzende Werturteile strafbar sind, sofern sie geeignet sind, die öffentliche Tätigkeit der betroffenen Person erheblich zu beeinträchtigen. Deutscher Bundestag+10Buzer+10Wikipedia – Die freie Enzyklopädie+10Bundesministerium der Justiz+3Wikipedia – Die freie Enzyklopädie+3Bundestag Dserver+3
3. Anpassung des Strafrahmens
Für die neu eingeführte Beleidigung nach § 188 Absatz 1 StGB wurde ein Strafrahmen von bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe oder Geldstrafe festgelegt. Für üble Nachrede beträgt die Strafe Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren, und für Verleumdung Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren. Bundesministerium der Justiz+1RSW+1Wikipedia – Die freie Enzyklopädie+1Buzer+1
4. Strafverfolgung von Amts wegen
Während Beleidigungen nach § 185 StGB in der Regel nur auf Antrag verfolgt werden, kann bei Straftaten nach § 188 StGB die Staatsanwaltschaft auch ohne Strafantrag tätig werden, sofern ein besonderes öffentliches Interesse an der Strafverfolgung besteht. Buzer+2Wikipedia – Die freie Enzyklopädie+2RSW+2
Diese Änderungen zielen darauf ab, die demokratische Teilhabe zu schützen und politisch engagierte Personen vor gezielten ehrverletzenden Angriffen zu bewahren. Gleichzeitig bleibt die Meinungsfreiheit gewahrt, da sachliche Kritik und politische Auseinandersetzungen weiterhin erlaubt sind.
Was sind die grundlegenden Unterschiede zwischen dem Heimtückegesetz und § 188 StGB?
Das Heimtückegesetz von 1934 und der heutige § 188 StGB unterscheiden sich grundlegend in ihrer Zielsetzung, ihrem rechtlichen Kontext und ihrer Anwendung.
🧭 Zielsetzung und rechtlicher Kontext
- Heimtückegesetz (1934): Diente als Instrument der nationalsozialistischen Diktatur zur Unterdrückung jeglicher Kritik an Staat und NSDAP. Es kriminalisierte sowohl wahre als auch unwahre Aussagen, die das Ansehen des Regimes schädigen könnten, und schuf ein Klima der Angst und Denunziation. Wikipedia – Die freie Enzyklopädie
- § 188 StGB (aktuell): Zielt darauf ab, Personen des politischen Lebens vor gezielten ehrverletzenden Angriffen zu schützen, die geeignet sind, ihr öffentliches Wirken erheblich zu erschweren. Dabei bleibt die Meinungsfreiheit gewahrt, solange keine strafbaren Handlungen wie Beleidigung, üble Nachrede oder Verleumdung vorliegen. Gesetze im Internet
⚖️ Inhaltliche Unterschiede
- Heimtückegesetz:
- Kriminalisierte auch private Äußerungen, wenn anzunehmen war, dass sie öffentlich werden könnten.
- Erfasste sowohl Tatsachenbehauptungen als auch Meinungsäußerungen, unabhängig von deren Wahrheitsgehalt.
- Verfolgung erfolgte häufig durch Sondergerichte mit eingeschränkten Rechtsgarantien für die Angeklagten.
- § 188 StGB:
- Bezieht sich auf öffentliche Äußerungen, die eine Beleidigung, üble Nachrede oder Verleumdung darstellen.
- Setzt voraus, dass die Tat geeignet ist, das öffentliche Wirken der betroffenen Person erheblich zu erschweren.
- Strafverfolgung erfolgt nach rechtsstaatlichen Prinzipien mit umfassenden Schutzrechten für Beschuldigte. Graf Kerssenbrock & Kollegen
🛡️ Schutzbereich und Anwendungsbereich
- Heimtückegesetz: Schützte das NS-Regime und seine Funktionäre umfassend vor jeglicher Kritik, unabhängig von der Position des Kritikers.
- § 188 StGB: Schützt Personen, die im politischen Leben des Volkes stehen, wie z. B. Abgeordnete, Minister oder kommunale Mandatsträger, vor spezifischen ehrverletzenden Angriffen, die ihre politische Tätigkeit beeinträchtigen könnten. ZIS Online
🧩 Fazit
Während das Heimtückegesetz ein repressives Mittel zur Unterdrückung jeglicher Kritik im NS-Staat darstellte, dient § 188 StGB heute dem Schutz der demokratischen Willensbildung, indem er gezielte ehrverletzende Angriffe auf politisch aktive Personen unter bestimmten Voraussetzungen unter Strafe stellt. Die Meinungsfreiheit bleibt dabei ein zentrales Gut und wird nur in klar definierten Ausnahmefällen eingeschränkt.
Kritik oder Beleidigung, wo ist die Grenze?
Sie haben recht: Die Abgrenzung zwischen zulässiger Kritik und strafbarer Beleidigung ist nicht immer eindeutig und hängt stark vom Einzelfall ab. Insbesondere bei Äußerungen gegenüber Politikerinnen und Politikern spielt der Kontext eine entscheidende Rolle.Anwalt suchen und finden bei anwalt.de
🔍 Was ist eine Beleidigung?
Nach § 185 StGB ist eine Beleidigung ein Angriff auf die Ehre einer Person durch Kundgabe von Missachtung oder Nichtachtung. Dies kann durch Worte, Gesten oder andere Ausdrucksformen geschehen. Entscheidend ist, dass die Äußerung die persönliche Ehre des Betroffenen verletzt. Dabei wird zwischen Tatsachenbehauptungen und Werturteilen unterschieden:LSVD+4JurAcademy+4Rechtsanwälte Göbel & Partner+4
- Tatsachenbehauptungen: Aussagen über überprüfbare Vorgänge. Sind sie unwahr und ehrverletzend, können sie als üble Nachrede (§ 186 StGB) oder Verleumdung (§ 187 StGB) strafbar sein.Graf Kerssenbrock & Kollegen+6Gesetze im Internet+6§ Strafrecht Siegen+6
- Werturteile: Subjektive Meinungsäußerungen. Diese sind durch die Meinungsfreiheit geschützt, solange sie nicht die Grenze zur Schmähkritik überschreiten.Jurawelt
⚖️ Was ist Schmähkritik?
Schmähkritik liegt vor, wenn die Äußerung nicht mehr der sachlichen Auseinandersetzung dient, sondern ausschließlich darauf abzielt, die betroffene Person herabzuwürdigen. In solchen Fällen tritt die Meinungsfreiheit hinter dem Persönlichkeitsrecht des Betroffenen zurück. Beispielsweise hat das Bundesverfassungsgericht klargestellt, dass Schmähkritik nicht durch die Meinungsfreiheit gedeckt ist. Anwalt.org+2Jurawelt+2Anwalt suchen und finden bei anwalt.de+2
🏛️ Besonderheiten bei § 188 StGB
§ 188 StGB schützt Personen des politischen Lebens vor ehrverletzenden Äußerungen, die geeignet sind, ihr öffentliches Wirken erheblich zu erschweren. Dabei wird ein strenger Maßstab angelegt:Graf Kerssenbrock & KollegenAnwalt suchen und finden bei anwalt.de
- Erhöhtes Strafmaß: Beleidigungen nach § 188 StGB können mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe geahndet werden. § Strafrecht Siegen
- Öffentliche Wirkung: Die Äußerung muss öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreitung eines Inhalts erfolgen und geeignet sein, das öffentliche Wirken der betroffenen Person erheblich zu erschweren.Gesetze im Internet+3ZJS Online+3§ Strafrecht Siegen+3
🧭 Fazit
Die Grenze zwischen zulässiger Kritik und strafbarer Beleidigung ist fließend und hängt vom konkreten Kontext ab. Entscheidend sind Inhalt, Form, Medium und Zielrichtung der Äußerung. Kritik an Politikerinnen und Politikern ist grundsätzlich erlaubt, solange sie sachlich bleibt und nicht die persönliche Ehre verletzt. Bei Unsicherheiten empfiehlt es sich, juristischen Rat einzuholen oder auf eine sachliche Ausdrucksweise zu achten.LSVD
