Die Forschung zur sogenannten Darm-Hirn-Achse zeigt zunehmend, dass die Zusammensetzung der Darmmikrobiota einen direkten Einfluss auf die Gehirnfunktion nehmen kann. Bakterielle Metabolite wirken dabei entweder neuroprotektiv oder neurotoxisch und beeinflussen Prozesse wie Neuroinflammation, Neurotransmitterproduktion und die Integrität der Blut-Hirn-Schranke.

Studienlage und Wirksamkeit

In einer systematischen Auswertung wurden vier Studien identifiziert, die den Einfluss von Probiotika auf die kognitive Leistungsfähigkeit älterer Menschen untersuchten. Drei davon zeigten signifikante Verbesserungen bei Personen mit leichter kognitiver Beeinträchtigung (MCI), während eine Studie mit Alzheimer-Patienten keine statistisch signifikante Wirkung nachweisen konnte.

  • Die positiven Studien verwendeten jeweils eine tägliche Dosis von etwa 10¹⁰ koloniebildenden Einheiten (CFU) über einen Zeitraum von 12 bis 24 Wochen. Eingesetzt wurden verschiedene Stämme von Bifidobacterium und Lactobacillus.
  • Eine Studie nutzte zusätzlich bildgebende Verfahren (MRI), um strukturelle Veränderungen im Gehirn zu erfassen. Dabei zeigte sich eine messbare Reduktion der grauen Substanz-Atrophie bei den Probiotika-Probanden.
  • In einer weiteren Untersuchung verbesserte sich nicht nur die kognitive Leistung, sondern auch die Schlafqualität und das subjektive Wohlbefinden.

Die einzige Studie mit Alzheimer-Patienten (n = 40) zeigte zwar eine Tendenz zur Verbesserung, erreichte jedoch keine statistische Signifikanz. Dies könnte auf die fortgeschrittene Neurodegeneration oder die kurze Studiendauer zurückzuführen sein.

Methodische Herausforderungen

Die Vergleichbarkeit der Studien ist eingeschränkt durch:

  • Unterschiedliche probiotische Stämme und Kombinationen
  • Variierende Dosierungen und Einnahmedauer
  • Heterogene Ausgangslagen der Probanden (MCI vs. AD)
  • Unterschiedliche Messinstrumente (MMSE, ADAS-Cog, MRI, Schlafskalen)

Zudem ist die Studienlage zu Einzelstamm-Probiotika bei älteren Menschen bislang dünn. Die meisten Untersuchungen setzen auf Multi-Stamm-Präparate, was die Identifikation spezifischer Wirkmechanismen erschwert.

Fazit für die Praxis

Probiotika zeigen vielversprechende Ansätze zur Unterstützung der kognitiven Gesundheit im Alter, insbesondere bei Personen mit beginnender kognitiver Beeinträchtigung. Die Kombination aus neurobiologischer Wirkung, entzündungshemmendem Potenzial und positiver Beeinflussung der Darmflora macht sie zu einem interessanten Baustein in der präventiven Gerontologie. Weitere Langzeitstudien mit größeren Stichproben und standardisierten Protokollen sind jedoch notwendig, um belastbare Empfehlungen abzuleiten.